Haushaltsrede der CDU-Kreistagsfraktion in der Kreistagssitzung vom 13.11.2023 in Murrhardt

15.11.2023

-Es gilt das gesprochene Wort-


Sehr geehrter Herr Landrat,
Liebe Kolleginnen und Kollegen Kreisräte,
werte Gäste und Vertreterinnen und Vertreter der Presse,


„Der Haushalt ist der Beste, worin man nichts Überflüssiges will, nichts Notwendiges
entbehrt.“, so schrieb es einst der griechische Schriftsteller Plutarch.

Wir planen mit dem Kreishaushalt 2024 erneut in eine schwierige Zeit. Wir haben immer
noch multiple Krisen. Der Ukraine-Krieg geht weiter. Wir erleben eine wirtschaftliche
Abschwächung, eine sich zuspitzende Flüchtlingskrise, weiterhin eine überdurchschnittliche
Inflation und massive Probleme auf dem Immobilienmarkt mit der Möglichkeit des Wohnens
als sozialer Frage schlechthin. Die Bürgerinnen und Bürger sehnen sich nach einer guten
ortsnahen medizinischen Versorgung. Wir spüren den Klimawandel mit auch Unwettern hier
im Kreis. Und im Nahen Osten hat sich eine neue kriegerische Auseinandersetzung
entwickelt.

All dies beschäftigt uns in unserem Land und alle Themen spielen auch in unseren
Kreishaushalt 2024 hinein. Daher investieren wir mit dem Kreiskonzern in beträchtlichem
Umfang, um den sich stellenden Aufgaben und Themen zu begegnen.
Die Investitionen und Bestrebungen der Kreisbaugruppe im Wohnungsbau und gerade für
bezahlbaren Wohnraum sind nach wie vor wichtig. Wir wollen an den gesetzten Zielen
festhalten, wenngleich wir das Schritttempo unter den sich geänderten Rahmenbedingungen
wie einem nun anderen Zinsniveau anpassen müssen. Im Rahmen des Leistbaren und
wirtschaftliche Vernunft vorausgesetzt wollen wir die vielfältigen Pläne gerne weiter
mittragen, damit dringend benötigte Wohnungen geschaffen werden. Wir sagen aber
ausdrücklich dazu: Wir sehen die Kreisbaugruppe als KREISbaugruppe. Als solche sollte sie
nicht nur mit deutlichem Schwerpunkt im Remstal, sondern auch im Verhältnis ausgewogen
an Murr und im Schwäbischen Wald tätig sein.

Die Investitionen in unsere Kliniken und Gesundheitszentren sind für die Zukunftsfähigkeit
der medizinischen Versorgung in unserem Kreis sehr wichtig. Die Umsetzung der
Medizinkonzeption in Schorndorf ist mit einem sehr erfreulichen Landeszuschuss
abgesichert. Am Standort Winnenden sind die Verhandlungen mit dem Sozialministerium zur
Förderung des in der Campus-Entwicklung vorgesehenen Neubaus auf gutem Wege. Die
inhaltliche Konzeption wird auf den neuesten Stand der Medizinentwicklung, auch vor dem
Hintergrund der fortschreitenden Vernetzung der ambulanten und stationären
Klinikleistungen gebracht. Dazu soll der Zuschussbescheid für einen Erweiterungsbau
formal zurückgegeben werden. Es wäre toll wenn das Land uns auch weiterhin für die
Umsetzung der Medizinkonzeption und die nun anzupassenden Investitionen in Winnenden
den Rücken stärken würde. Beim finanziellen Ergebnis der Kliniken sind wir durch Corona und die Inflation
zurückgeworfen worden. Wir arbeiten aber weiterhin für ein positiveres Ergebnis und hoffen,
dass uns die höhere Politik hierbei nicht im Regen stehen lässt. Stichwort:
Krankenhausreform. Die eingeplanten Tilgungsstreckungsdarlehen in den nä. Jahren über
4,2 Mio. Euro sind wohl unvermeidlich, zeigen aber den betriebswirtschaftlichen Druck.

Die medizinische Versorgung im Kreis ist uns aber auch sonst sehr wichtig. Viele,
insbesondere Allgemeinmediziner und Hausärzte gehen die nächsten Jahre in den
Ruhestand. Neue Ärzte kommen in dem Umfang nicht nach. Wir sollten als Kreis hierfür eine
Konzeption erarbeiten wie wir eine ortsnahe und gute medizinische Versorgung sichern
können.

Investitionen in den Schutz des Klimas und zur Sicherung unserer Lebensgrundlagen sind
erforderlich. Mit den Investitionen in die Gesamtimmobilienkonzeption wollen wir die
Verwaltungsgebäude bis 2030 klimaneutral haben. Mit diesen Investitionen schaffen wir
eigene Werte und verbessern die Energiebilanz deutlich. Mit der AWRM wollen wir das
Potential für Solarstrom auf den Deponiegeländen nutzen. Beim ÖPNV haben wir die
vergangenen Jahre deutlich zugelegt. Der Zuschuss wurde nahezu verdoppelt, die
Nutzerzahlen haben es aber nicht. Wobei das Jahr 2023 auch kein sehr werbendes Jahr für
den ÖPNV mit den vielen Einschränkungen war. Ob es ein eigenes Klima-Dezernat
gebraucht hätte, sei dahingestellt. Wir sollten weiterhin am Ziel der Klimaneutralität arbeiten
und im Konkreten wirken. Aktionen, bürokratische Zahlenerhebung und Broschüren mit
denen wir viel Ressourcen binden bringen uns nicht weiter. Wir sollten mit konkreten
Maßnahmen, die Ökologie und Ökonomie verbinden, weiterhin Schritt für Schritt an den
Zielen arbeiten und einfach machen anstatt Ideologien zu frönen. Daher beantragen wir ein
Gesamtkonzept wie wir uns im Kreiskonzern bei den Liegenschaften so aufstellen können,
dass wir den Strom- und Wärmebedarf aus erneuerbaren Quellen erzeugen, welche
konkreten Maßnahmen dafür notwendig und wie hoch die Investitionen dafür wären. So
entsteht ein konkreter Kompass an dem wir uns orientieren können.

Der größte Brocken im Haushalt ist und bleibt der Sozialetat. Die Entwicklung kennt nur eine
Richtung. Der Netto-Sozialaufwand ist in den vergangenen Jahren wie es bei der
Einbringung gezeigt wurde seit 2017 von rund 190 Mio. Euro auf nun rund 260 Mio.
gestiegen. Ein gewaltiges Plus in 7 Jahren. Zum bereits 4. Mal in Folge reicht die
Kreisumlage nicht aus den Netto-Sozialaufwand zu decken. Hier ist aus unserer Sicht ein
besserer Ausgleich erforderlich. Wir müssen schauen, dass das Leistungsversprechen
unseres Staates auch langfristig gehalten und finanziert werden kann. Es kann nicht
angehen, dass der Bund ständig neue Gesetze und Wohltaten verteilt und es nach guter
alter Stammtischmanier heißt „Freibier für alle, der letzte zahlt.“ In diesem Fall die
Landkreise, die Kommunen. So funktioniert für uns Konnexität nicht, sondern „Wer bestellt,
der bezahlt.“ Das ist eine klare Regel und so bleibt man Freunde.

Auch die Kosten für die Flüchtlingsunterbringung und –versorgung machen uns Sorgen. Die
Kommunen und die Kreise sind am Limit und nicht umsonst kommen vor Ort immer mehr
Hilferufe. „Unsere Herzen sind weit, aber unsere Möglichkeiten beschränkt.“ Dieses Zitat
unseres ehem. Bundespräsidenten Joachim Gauck habe ich immer wieder in den Ohren. Es
braucht weiterhin ein Grundrecht auf Asyl für die, die es tatsächlich brauchen. Aber es bedarf
auch einer realistischen Integrationsgrenze für Deutschland, die sich vor allem am Leistungsund
Integrationsvermögen der Kommunen orientiert. Und es darf schlicht keine Vermischung
von Bürger- und Asylgeld mehr geben. Denn es kann nicht sein, dass jemand, der noch nie
einbezahlen konnte, die gleichen Leistungen bekommt wie jemand, der sein Leben lang
gearbeitet und eingezahlt hat.

Das Thema Bürokratieabbau ist einmal mehr in den Vordergrund gerückt. Und das aus
gutem Grunde. Die kürzlich geschmiedete Entlastungsallianz für Baden-Württemberg ist mit
großen Hoffnungen in weiten Teilen der Gesellschaft verbunden. Denn wir sind mittlerweile
zu träge und zu langsam geworden. Litauen wirbt mit Firmengründungen in 24 Stunden. Bei
uns dagegen gibt es in etlichen Fällen erhebliche Probleme wenn nur jemand seinen Betrieb
erweitern will. Der bürokratische Aufwand ist vielfach zu groß und wir müssen es wieder
einfacher und damit lösungsorientierter und schneller hinbekommen. Wir sehen uns als Kreis
ebenfalls als Teil der Entlastungsallianz. Daher sollten wir auch im Landratsamt und in den
Fachbehörden unseren Beitrag zum Bürokratieabbau leisten. Vieles regeln Gesetze, ja. Aber
vieles lässt sich auch in der Rechtsanwendung im Wege der Ermessensausübung gestalten.
Anstelle von Problemen und Bedenken müssen Lösungen für die, die etwas unternehmen
und bewegen wollen in den Vordergrund.

Es ist schade, dass Zukunftsthemen wie die Überlegung hin zu einer Pflegehochschule im
Kreis oder ein Wirtschaftsförderungskonzept für eine weiterhin starke wirtschaftliche
Entwicklung in unserem Kreis nicht weiterverfolgt werden. Wir würden uns freuen wenn sich
die Kreisverwaltung und der Kreistag damit erneut auseinandersetzt, da wir die Themen
nach wie vor für wichtig und zukunftsweisend halten.

Die Verschuldung erlebt aktuell einen starken Steigflug. Alleine 2024 ist eine Kreditaufnahme
in Höhe von 74,5 Mio. Euro vorgesehen und Kassenkredite in gleicher Höhe. In den
kommenden Jahren erwarten wir eine Stabilisierung und wieder die Einleitung des Sinkflugs.
Zur Schuldenreduzierung erscheinen uns neue Finanzierungsleitlinien fraglich mit womöglich
einem höheren Vorwegabzug zur Schuldenreduzierung bei positiven Ergebnishaushalten,
letztlich zu Lasten der Städte und Gemeinden. Grds. finanziert der Kreis bei ausgeglichenen
Ergebnishaushalten die Tilgungen und Zinsen über die Erwirtschaftung der Abschreibungen.
Mit Krediten wurden letztlich Werte geschaffen von denen wir auch sagen, dass sie
wirtschaftlich sind. Also muss die Finanzierung über die Abschreibungen und die
Wirtschaftlichkeit erfolgen. Sonst bauen wir die in der Doppik oft beschworene
Doppelfinanzierung über die Kreisumlage aus. Aus unserer Sicht sollten wir wieder mehr
Maßhalten in den kommenden Jahren, um Schulden über die Abschreibungen wieder
abzubauen. Hierbei sollten auch weiterhin Standards in allen Bereichen überdacht werden,
wir sollten die Digitalisierung nutzen und Wünschenswertes vom Leistbaren trennen.
Daher begrüßen wir es auch wenn die Sanierung des Pagodenbaus wie im Haushalt
vorgesehen erst in 2028 f. erfolgen soll.

Bei der Umsetzung des Kreisstraßenmaßnahmenplans müssen wir am Ball bleiben. Es sind
noch zahlreich schlechte Kreisstraßen vorhanden – im Übrigen auch Landesstraßen wofür
sich ein Einsatz lohnen würde. Wir bitten um einen Sachstandsbericht zum
Kreisstraßenmaßnahmenplan im kommenden Jahr.

Die Höhe der Kreisumlage wägen wir in unserer Fraktion immer wieder aufs Neue unter
Einbeziehung vieler Aspekte ab. Wir sehen es weiterhin als Aufgabe auch des Kreistages in
Sachen Kreisumlage notfalls zum Tauziehen anzusetzen. Dass wir es in den vergangenen
Jahren nicht mehr so sehr mussten liegt am sehr fairen Vorgehen unseres Landrats.
Unsere Fraktion begrüßt es wenn unser Kreis oft an der Spitze steht. Bei der Kreisumlage
sind wir dies aber nicht und sollten mehr sportlichen Ehrgeiz entfachen. Es muss doch
gelingen mit möglichst wenig, viel zu erreichen. Auch, dass wir Aufgaben wirtschaftlicher und
mit weniger Ressourceneinsatz erledigen als die anderen. Darin liegt doch die wahre
Königsdisziplin, der wir uns stellen müssen.

Die Kreisumlage betrug 2017 noch etwas mehr als 200 Mio. Euro. 2024 sollen es 260 Mio.
Euro sein. Erneut erreicht das Kreisumlageaufkommen einen neuen Rekordwert und im
Vergleich ist der Hebesatz mit 32,5 v.H. nicht auf den vorderen Plätzen.
Wir können den Kreisumlagehebesatz aber mittragen, da ein Entgegenkommen erkennbar
ist. Es wird mit einem negativen Ergebnis geplant mit -15,6 Mio. Euro. Dass es nicht so
kommen muss zeigt 2023 wo am Ende nun sogar auf den eingeplanten Verlustvortrag
verzichtet werden kann. Und wir sehen deutlich steigende Schulden, denen wir in den
kommenden Jahren begegnen müssen. Noch eintretende Ergebnisverbesserungen auf dem
Weg zum Beschluss des Haushalts 2024 sollten über die Kreisumlage auch den Städten und
Gemeinden zu Gute kommen.

Unsere Einzelfragen zu Haushaltsansätzen konnten verständlich dargelegt werden. Hierfür
vielen Dank. Wir sind mit vielen Maßnahmen und Vorhaben unterwegs. Diese brauchen eine
ordentliche Begleitung. Daher halten wir uns mit ausgabewirksamen Anträgen zurück. Der
Haushalt 2024 kommt nach seiner Lektüre dem eingangs zitierten griechischen Schriftsteller
Plutrach sehr nahe und wir danken allen, die am Haushalt mitgearbeitet haben. Vor allem
danken wir der Amtsleiterin für Finanzen Frau Kugler. Nach 32 Haushalten an denen sie
mitgewirkt hat stehen nun die Zeichen auf Ruhestand. Sie, liebe Frau Kugler, haben die
Finanzen des Kreises stets mit auf gutem Kurs gehalten. Wir wünschen Ihnen für den
Ruhestand alles Gute.

Das Jubiläumsjahr 2023 konnte in allen Kreisteilen in würdiger Weise begangen werden. Für
uns war dies gut angelegtes Geld und es hat den Zusammenhalt im Kreis gestärkt. Wir
danken allen, die daran mitgearbeitet und dies so ermöglicht haben.
Dank gilt vor allem auch allen, die für den Rems-Murr-Kreis tätig sind, im Landratsamt, in den
Kreisschulen, Kreiseinrichtungen, Straßenmeistereien, in den Kliniken, bei der Kreisbau, bei
der AWRM, bei der Kreissparkasse mit allen nachgeordneten Stellen und unser Dank gilt
den verantwortlichen Amtsleitern, Dezernenten und vor allem Ihnen, geschätzter Landrat Dr.
Sigel.


Schauen wir gemeinsam auch weiterhin, dass wir in einem liebens- und lebenswerten Kreis
leben können. Glück auf! 2024 an Murr und Rems.